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Alt 28-06-2009, 09:42   #65
Benjamin
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Ölfirmen in Nöten
ASPO, Zittel 11. Mai 2009:

Wenn das Erdöl weniger wird, dann bleibt den einzelnen Firmen nur die Fusion, um ein Scheinwachstum aufrecht zu erhalten. Die aktuelle Finanzkrise wird den Förderrückgang zusätzlich beschleunigen.




Erinnern wir uns: Der Ölpreis lag in den 1990er Jahren meist zwischen 15 bis 25 Dollar je Fass Rohöl. Im Jahr 1998 begann dann eine Wirtschaftskrise, damals ausgelöst durch den überbewerteten Immobilienmarkt in Japan. Der Ölpreis brach zeitweise auf 10 Dollar ein. Parallel dazu gingen die neuen Ölfunde zurück. Das brachte die Ölfirmen in Bedrängnis.

Am stärksten war davon die amerikanische Firma Amoco betroffen. Die Explorations-statistiken zeigen, dass Amoco sehr früh seine Ölfunde von insgesamt etwa 16 Milliarden Faß Öl realisiert hatte und in der Phase 1990 – 1997 kaum mehr neues Öl hinzukam. Die Firma hatte es versäumt, sich aussichtsreiche Explorationsgebiete zu sichern. Die Förderung ging mindestens seit 1989 jedes Jahr leicht zurück. Amoco war finanziell am Ende und damals blieb kein anderer Ausweg als mit BP zu fusionieren , wollte man eine öffentliche Insolvenz vermeiden. Kurzzeitig nannte sich die neue Firma BP Amoco .

Beyond Petroleum
Es war die Zeit, da BP als erste Ölfirma aus der Global Climate Coalition – der Lobbyingvereinigung der Öl-und Automobilfirmen gegen ein starkes Kioto-Protokoll -austrat, sich ein neues Logo mit stilisierter Sonnenblume und mit der Um-Interpretation von BP als „Beyond Petroleum“ auch ein grünes Image als Konzern zulegte. Damals wurde BP sogar von Greenpeace gelobt.

Es war auch die Zeit, als erstmals kritische Kommentare zum Ende des Ölzeitalters auftauchten: „We are now facing a global energy crisis, I know you’ve heard this before, but this time it’s for real.“ war im Dezember 1998 aus dem Munde von Hiroyuki Yoshino, dem Präsidenten von Honda zu hören. Ein Jahr später verkaufte Honda mit dem Insight seinen erstes Hybridauto.

Ebenfalls im Jahr 1998 hatten die Geologen und ASPO Gründer Colin Campbell und Jean Laherrere im Scientific American einen ausführlichen Bericht über den baldigen Höhepunkt der weltweiten Öl-förderung veröffentlicht. Das war die Kurzfassung ihrer ausführlichen Studie, die sie bereits 1995 für Branchenkreise geschrieben hatten. Mike Bowlin, der Vorstandsvorsitzende von ARCO verstieg sich im Februar 1999 gar zu der Äußerung, „the world is entering the last days of the age of oil.“ Ein Jahr später gab es ARCO nicht mehr, es war in der Firma Arco BP Amoco aufgegangen. Einige Zeit später waren Mitarbeiter und Firmenname verschwunden – die Firma nannte sich wieder BP.

Eine sterbende Industrie
Goldman Sachs ließ seine Investoren in der Zeitschrift „Energy Weekly“ vom 11. August 1999 wissen: „The great merger mania is nothing more than a scaling down of a dying industry in recognition of the fact that 90 % of global conventional oil has already been found.” Die Aussage des Investmenthauses, dass die Fusionen ein klares Zeichen für eine sterbende Industrie sind, war damals besonders brisant, weil Goldman Sachs im Aufsichtsrat auch die Geschicke von BP Amoco mitbestimmte. Auch Franco Bernabe, der Vorstandsvorsitzende von Eni äußerte sich in der populären Zeitschrift Forbes: “My forecast is that between 2000 and 2005 the world will be reaching peak production from our known fields, and after that, output will decline.“ Kurz darauf wechselte er die Branche.

Im Kern nur Fusionen
Es war die Zeit der Zusammenschlüsse der großen Ölfirmen. Colin Campbell kommentierte dies mit den Worten: „There is nothing left then to eat each other. “

Tatsächlich ergab sich eine große Konsolidierung oder Anpassung der westlichen Ölfirmen als Reaktion auf das schwieriger werdende Umfeld: Mobil und Exxon fusionierten zu ExxonMobil ebenso wie Elf Aquitaine und Fina mit Total (geblieben ist nur noch der Name Total ), oder Texaco und Chevron zu ChevronTexaco oder Conoco und Phillips zu ConocoPhillips. Mit diesen Zusammenschlüssen gingen Mitarbeiterentlassungen einher. Die überlebenden Ölfirmen vergrößerten ihre Förderbasis durch die Fusionen. Das war vermutlich billiger als sich dem Risiko hoher Explorationskosten auszusetzen, denen keine entsprechenden Funde gegenüberstanden.

Die acht Schwestern schrumpfen
Einer konnte oder wollte sich damals nicht beteiligen: Die Firma Shell . Erst viel zu spät, im Jahr 2003, konnte sie sich noch zu deutlich höherem Preis eine kleinere Firma aneignen: Enterprise. Doch ungeachtet dessen ist die Ölförderung von Shell in den letzten zehn Jahren bereits um 30 Prozent zurückgegangen. Das blieb nur wegen der gestiegenen Gewinne verborgen.

Aber auch BP hatte Mühe, seine Förderrate aufrechtzuerhalten. Im Jahr 2003 kam dann noch ein Joint Venture mit der russischen Firma TNK hinzu. Kurzzeitig konnte damit die Förderung nochmals erhöht werden. Auch hier ein brisantes Detail: Differenzen gab es vor gar nicht langer Zeit, als die russischen Aktionäre von TNK auch international tätig werden wollten. Dem aber wollte sich BP widersetzen. Hatte man sich doch an TNK beteiligt, um Zugang zu den großen russischen Ölfeldern zu erlangen. Wo aber waren diese, wenn die russische Firma nun auch noch auf internationalem Parkett Konkurrenz zur Mutterfirma machen wollte. So hatte man sich das nicht vorgestellt.

In Summe erreichten die nun nur noch acht größten westlichen Firmen zusammen im Jahr 2004 ein gemeinsames Ölfördermaximum mit fast 14 Millionen Fass Erdöl Tagesförderung. Das entsprach damals fast 18 Prozent der weltweiten Ölförderung. Seit dieser Zeit ist deren Förderung bis Ende des Jahres 2008 um fast 15 Prozent zurückgegangen.

Von IOCs zu NOCs?
Erinnern wir uns weiterhin an die Finanzkrise, verursacht durch die Macht der “innovativen” Finanzinstrumente, ausgelöst aber vermutlich durch die hohen Ölpreise. Abermals folgt eine Wirtschaftskrise, diesmal jedoch von wesentlich größerem Ausmaß. Am 3. Februar 2009 denkt der Vorstandsvorsitzende von BP, Tony Hayward, laut über Zusammenschlüsse von westlichen Ölfirmen mit staatlichen Ölfirmen nach. Es wäre doch vernünftig, so das sinngemäße Statement, wenn die großen westlichen Ölfirmen mit ihrem Know-how Zugang zu den großen Reserven der staatlichen Ölfirmen erhalten würden. ("It may be more sensible to think about combining IOCs , with technology and capability, with NOCs (National oil companies) with resources,"

Wenn diese Aussage auch schon dreist genug ist, so gibt er zunächst zu, dass den westlichen Ölfirmen das Öl ausgeht. Zweitens aber suggeriert er damit, dass man mit westlicher Technologie die Ressourcen der staatlichen Ölfirmen wie Saudi Aramco wesentlich besser ausbeuten könnte. Dabei vergisst er allerdings auch zu erwähnen, dass die großen westlichen Ölfirmen ihre Fachleute schon längst nach Hause geschickt haben. Die Arbeit vor Ort erledigen hier Mitarbeiter der Dienstleister Schlumberger, Halliburton oder anderer, die genauso von russischen oder arabischen Ölfirmen angeheuert werden.

Schaut man sich die Bilanzen an, so schreiben BP und Shell (mindestens seit 1999) im vierten Quartal 2008 erstmals rote Zahlen. Damit zeigt sich das Dilemma: Bleibt der Ölpreis für längere Zeit auf dem niedrigen Niveau von 40 – 50 $ je Fass, dann schreiben die Ölfirmen Verluste. Dabei sollte man sich klar machen, dass ein Ölpreis von 50$ in einer Rezessionsphase von 5 % oder mehr alles andere als niedrig ist. Einen solchen Ölpreis hatte die IEA noch für wenigen Jahren für das Jahr 2030 prognostiziert unter der Annahme eines jährlichen Wirtschaftswachstums von 3 -4 %.

Abbildung: Nach einer Phase in der die Unternehmen jedes Jahr neue Rekordgewinne eingefahren haben kommt nun schlagartig der Zusammenbruch. Eine massive Investition in neue Erdölförderung ist vor diesem Hintergrund mehr als unwahrscheinlich.
Quelle: Quartalsberichte der Ölfirmen.

Die Konsequenz wird sein, dass weniger Geld in die Aufrechterhaltung der Ölförderung investiert wird. Die Förderung wird schneller zurückgehen, als es notwendig wäre. Somit kehrt sich die naive Hoffnung, dass Ölfirmen bei hohen Öl-preisen ja mehr in die Erschließung neuer Felder investieren und damit die Förderung ausweiten und letztlich den Ölpreis wieder senken könnten, in ihr Gegenteil um: Bei niedrigen Ölpreisen wird noch weniger investiert, und die Förderung wird schneller zurückgehen.
Quelle: http://www.energiekrise.de/
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