Bundeswehr-Studie:
Das Zentrum für Transformation der Bundeswehr hat
im August 2010 eine Studie zum Thema
Peak Oil veröffentlicht. "
Peak Oil - Sicherheitspolitische Implikationen knapper Ressourcen" ist die erste Teilstudie der Gesamtstudie "Streitkräfte, Fähigkeiten und Technologien im 21. Jahrhundert"
http://peak-oil.com/download/Peak%20...2011082010.pdf
http://peak-oil.com/peak-oil-studie-bundeswehr.php
"95% aller industriell gefertigten Produkte hängen heute von der Verfügbarkeit von Erdöl ab."
"Eine starke Verteuerung des Erdöls stellt ein systemisches Risiko dar". Nach Ansicht der Autoren "wird so gut wie jedes gesellschaftliche Subsystem von einer Knappheit betroffen sein".
Timing:
Sie halten ein Eintreten von "Peak Oil" um das Jahr 2010 für wahrscheinlich. Sie erwarten sicherheitspolitische Auswirkungen mit einer Verzögerung von 15 bis 30 Jahren.
Auch wenn die Studie der im Hirsch-Report3 vertretende Meinung nicht zustimmt, es bedürfe 20 Jahre Umstellungszeit von Wirtschaft und Gesellschaft um den Peak-Oil-Auswirkungen zu entkommen, so sieht auch die Studie einen Transformationsprozess als lang andauernd an und fordert eine rechtzeitige Auseinandersetzung der Gesellschaft mit diesem Thema.
Erwartete Auswirkungen: Mobilitätskrise, Nahrungsmittelknappheit, Transformationsarbeitslosigkeit:
Als Beispiel für die Wirkung einer plötzlichen Erdölknappheit wird Nordkorea nach der politischen Wende in den Ostblockstaaten genannt:
"Ein Beispiel für mögliche Konsequenzen ist die
Entwicklung Nordkoreas nach dem Zerfall der Sowjetunion: Die UdSSR verhalf Nordkorea nach dem Koreakrieg zu einer modernen und produktiven Landwirtschaft. Mit dem Zusammenbruch der UdSSR
- versiegte plötzlich der Zufluss billigen Erdöls.
- Landwirtschaftliche Maschinen mussten stillgelegt werden.
- Die Rückkehr zu traditionellen Anbaumethoden wurde durch die überdüngten Böden erschwert, obwohl der Anteil der in der Landwirtschaft Beschäftigten von 25% auf 36% gesteigert wurde, um den Ausfall von geschätzten 80% der landwirtschaftlichen Maschinen auszugleichen.
- Zwischen 1989 und 1998 fielen die Ernteerträge trotzdem um 60%."
Dieses Beispiel stammt aus der Landwirtschaft, doch betont die Studie die Komplexität von
Peak Oil, die sich insbesondere
auf den Verkehrssektor auswirkt: "Die starke Verteuerung und teilweise massive Einschränkung des motorisierten Individualverkehrs hat unmittelbare Wirkung auf
- die Funktionsmechanismen und
- die Lebensgewohnheiten moderner industrialisierter Gesellschaften.
- kurzfristige Engpässe: regulatorische oder freiwillige Maßnahmen gemildert („Mobilitätsgutscheine“, „autofreier Sonntag“ etc.),
- begrenzen insbesondere die Siedlungsstrukturen in den entwickelten Ländern (Leben in der Vorstadt, Arbeiten in der Innenstadt; suburbane Strukturen) eine beschleunigte Transformation im Individualverkehr.
Alle damit zusammenhängenden Wirtschaftssektoren würden im Falle starker Einschränkungen in einen Abschwung geraten – von der Automobilindustrie über das Baugewerbe bis hin zum Tourismus.
Die „Mobilitätskrise“ würde zu einer neuen Ausprägung der Wirtschaftskrise." Für die Mobilitäts-Infrastruktur auf lokaler und regionaler Ebene sind insbesondere die Kommunen zuständig. Vorbeugendes Handeln würde bedeuten,
Peak Oil bereits heute bei stadtplanerischen Vorgängen zu berücksichtigen und Siedlungsstrukturen so auszurichten, daß sie möglichst ohne ölgetriebene Fahrzeuge zurechtkommen.
Es ist
nicht zu erwarten, dass die PKW-Dichte von heute in der noch verfügbaren Zeit auf Elektromobilität umgestellt werden kann.
Das wissen auch die Autoren der Studie, die darauf verweisen, daß die Umstellung auf Elektrizität als Nutzenergie ebenfalls mit enormem Rohstoffeinsatz verbunden ist und diese Rohstoffe (beispielsweise Lithium als Batteriegrundlage) ebenfalls von Peaks bedroht sind.
Kommunen sollten ihre verkehrsplanerischen Schwerpunkte angesichts von
Peak Oil deshalb auf
Fußläufigkeit und
energiearme Verkehrsmittel setzen.
Noch ernstere Auswirkungen kann laut der Bundeswehr-Studie die
Verteuerung des Güterverkehrs haben:
"Die internationale Arbeitsteilung in ihrer heutigen Ausprägung globaler Prozess- und Güterketten von Waren aller Art wurde maßgeblich durch technische Fortschritte im Frachtverkehr (Containerschiffe, Lastkraftwagen, Kühlsysteme) ermöglicht, der im Kern auf fossilen Treibstoffen basiert. Im Unterschied zum Individualverkehr ist eine Elektrifizierung des Güterverkehrs mit den heute üblichen Verkehrsmitteln und in ausreichendem Umfang technisch noch nicht möglich. Daher bleibt insbesondere auf regionaler und lokaler Ebene fossile Mobilität eine Grundvoraussetzung von Wirtschaftskreisläufen. Eine Einschränkung dieser Mobilität hat unmittelbare
Auswirkungen auf den Handel und das Preisgefüge."
Diese Aussage hinterfragt indirekt die Exportorientierung der deutschen Wirtschaft. Peak Oil ist deshalb eine besondere Bedrohung für Kommunen und Regionen, die sich stark vom Export abhängig gemacht haben.
Eine Versorgungskrise ist durch Peak Oil durchaus wahrscheinlich, insbesondere der
Nahrungsbereich wird durch die Studie kritisch hinterfragt und beleuchtet. Auch wenn die Autoren betonen, daß sie die Nahrungssicherheit in den entwickelten Ländern als sehr hoch ansehen, sehen sie zu
Peak-Oil-induzierten Nahrungsmittelkrisen grundlegende Unterschiede zu vorangegangenen Krisen:
•sie
beträfe alle über größere Entfernungen gehandelten Nahrungsmittel
•
Preissteigerungen wären anhaltend, da sie nicht durch einmalige Mißernten o.ä. hervorgerufen wären
•
Anreiz zur Landflächennutzung für Biokraftstoffe nimmt zu
•Ernteerträge hängen ebenfalls vom Erdöl ab: Treibstoff, Dünge- und Pflanzenschutzmittel und "andere Chemikalien zur Ertragssteigerung"
Auch wenn es nicht explizit genannt wird, ist es
fraglich, ob die deutsche Strategie der "Exportweltmeisterschaft" angesichts Peak Oil aufrecht zu erhalten ist. Die Abhängigkeit der deutschen Wirtschaft von der
Automobilproduktion ist unter diesem Blickwinkel als gefährlich einzuschätzen und betrifft besonders Regionen, in denen diese Branche verstärkt als Wirtschaftsfaktor vorhanden ist.
Wichtige Export-Produktgruppen sind gleichzeitig auch "öl-empfindlich" - können also in Zukunft in Teilen leicht wegbrechen:
-
Kraftwagen und Kraftwagenteile machten in 2008 17,5% der deutschen Exporte aus,
-
Maschinen 14,8%,
- Geräte der
Elektrizitätserzeugung und -verteilung 5,2%.
Zusammen sind das 37,5%.
http://www.bpb.de/files/FM8RZI.pdf
Die Autoren sprechen in diesem Zusammenhang von
Transformationsarbeitslosigkeit: "Im Besonderen
kann sich eine Entwertung des Humankapitals der Arbeitnehmer vollziehen, da aufgrund des Strukturwandels Qualifikationen, die bis zu diesem Zeitpunkt durchaus adäquat waren, durch andere Qualifikationsanforderungen abgelöst werden. Transformationsarbeitslosigkeit kann sowohl wegen ihres Umfangs als auch ihrer Dauer zu einem großen volkswirtschaftlichen Problem werden."
Die Ausbildung künftiger Arbeitskräfte sollte deshalb ebenfalls im Hinblick auf
Peak Oil überdacht werden. Die "Bloomington
Peak Oil Tast Force", deren Abschlussbericht in der Bundeswehr-Peak-Oil-Studie zitiert wird, empfiehlt beispielsweise die vermehrte Ausbildung von Landwirten. Überspitzt gesagt ist zu vermuten, daß wir angesichts
Peak Oil künftig mehr Landwirte, Handwerker und Ingenieure brauchen, als Grafikdesigner, Steuerberater oder Versicherungsvertreter.
Der Übergang zu einer postfossilen Gesellschaft ist laut Studie mit der
Gefahr des Vertrauensverlustes in die staatlichen Institutionen verbunden:
"Das Vertrauen in staatliche Institutionen und die Politik dürfte in solchen Gesellschaften noch weiter geschwächt werden, in denen dieses bereits geschwächt ist. Vor allem wenn es offensichtlich wird, dass es die Regierungen versäumt haben, angemessene Lösungsstrategien zu erarbeiten und der Gesellschaft in dieser Umbruchsphase damit Orientierung zu bieten. Der Vertrauensschwund von Bevölkerungen gegenüber staatlichen Institutionen kann sich in einer Vertrauenskrise gegenüber der Politik verfestigen.
Eine Gesellschaft ist jedoch ohne Vertrauen nicht überlebensfähig, was insbesondere das Vertrauen in die Vertreter der zentralen gesellschaftlichen Institutionen einschließt."
In dieser Aussage steckt erneut die Empfehlung, daß sich öffentliche Institutionen rechtzeitig und vorbeugend mit dem Thema auseinandersetzen, um nicht Gefahr zu laufen, das in sie gesetzte Vertrauen durch Versäumnisse zu verspielen.
Peak Oil wird einen so umfassenden Wandel in unseren Gesellschaftsstrukturen auslösen, daß es im Grunde Aufgabe jeder Kommune ist, nach dem Vorbild von US-Kommunen "Transition Task Forces" zu installieren und die eigene Gefährdung zu analysieren und Vorbeugemechanismen umzusetzen.
Prävention jetzt!
Die Bundeswehr-Studie enthält ein Tipping-Point-Szenario, bei dem der worst case einer rasanten Preissteigerung beim Erdöl verbunden mit Versorgungsengpässen und einer resultierenden Wirtschaftskrise in relativ kurzer Zeit beleuchtet wird. Dieses Szenario hinterläßt die Schlussfolgerung:
"Ein hohes systemisches Risiko ist in Anbetracht des Globalisierungsgrades Deutschlands also auf jeden Fall und unabhängig von der eigenen Energiepolitik gegeben." Daraus läßt sich erneut ablesen: rechtzeitige Vorbereitung ist notwendig!
Die Autoren empfehlen den Aufbau redundanter Strukturen zuungunsten der Effizienz aber zugunsten der Ausfallsicherheit sowie die
Förderung der "Selbstorganisation von Bürgern auf lokalem Level":
"Die Handlungsfähigkeit Deutschlands und der Bundeswehr hängt von funktionierenden Infrastrukturen ab. Eine gezielte Vorbereitung auf unbekannte Herausforderungen ist schwierig, aber nicht gänzlich unmöglich. Aus systemischer Sicht gibt es hierzu Ansätze aus verschiedenen Wissenschaftsbereichen, die zu einem gewissen Grad auf die sicherheitspolitische Ebene übertragbar sind. Zunächst sind Analysen von Abhängigkeiten lebensnotwendiger Infrastrukturen und Subsysteme vom Wirtschaftssystem und dem Ölmarkt möglich. Eine bessere Kenntnis und gezielte Reduktion dieser Abhängigkeiten zur Stabilisierung einzelner, besonders wichtiger Subsysteme, kann Handlungsfähigkeit aufrecht erhalten.
Beispielsweise kann die Schaffung plattformunabhängiger Kommunikationssysteme mit niedrigem Integrationsgrad in Krisenfällen ein wichtiges Steuerungssystem sein. Auch die Schaffung von Redundanzen ist ein probates Mittel. Häufig erfolgt eine Zentralisierung aus Effizienzgründen auf Kosten der Systemstabilität. Zweifellos kann beispielsweise ein Großkraftwerk effizienter arbeiten als viele kleine Kraftwerke, fällt es jedoch aus, gibt es kein Netzwerk, das es ersetzen kann. Auf gesellschaftlicher Ebene ist deshalb auch eine
Stärkung von Möglichkeiten und Fähigkeiten zur Selbstorganisation von Bürgern auf lokalem Level denkbar,
vergleichbar dem Prinzip der Freiwilligen Feuerwehren." Damit greifen die Autoren (bewusst oder unbewusst) die Herangehensweise der Transition-Bewegung auf, die seit einigen Jahren dem Credo folgt, das
Peak Oil-Problem lokal anzugehen und
die eigenen Kommunen "resilient", also "widerstandsfähig" zu machen.
Redundanz, also die mehrfache Auslegung kritischer Infrastrukturen, kennt man aus dem Ingenieur- oder Informatik-Bereich. Dort werden sicherheitsrelevante Bauteile oder Systeme mehrfach installiert, damit beim Ausfall eines Systems ein anderes dessen Aufgaben übernehmen kann und damit den Gesamtausfall verhindert. Man erinnere sich an Berichte über den Ausfall verschiedener Systeme in den Raumstationen (z.B. der ISS), wo nach Ausfall eines Bordcomputers, eines Kühlsystems oder eines WCs ein anderes dieser Systeme verfügbar war.
Nach diesem Schema können Kommunen redundante Systeme erreichten im Bereich
•der Kommunikation (lokale öffentliche Netzstrukturen ergänzend zu den privatwirtschaftlichen Netzen)
•der Finanzwirtschaft (Regionalwährungen ergänzend zum bestehenden Banksystem)
•der Mobilität (ÖPNV ergänzend zum Privat-PKW und -LKWs)
•der Energieerzeugung (Erneuerbare Energien ergänzend zu Großkraftwerken der Energiewirtschaft)
•der Versorgung (Erhalt und Ausbau der Regionalwirtschaft ergänzend zur Exportwirtschaft)
"Der Faktor Zeit kann für den Erfolg der Transformation zu post-fossilen Gesellschaften dabei entscheidend sein. Um diesbezügliche demokratische Entscheidungsprozesse zu beschleunigen, müssen die Gefahren einer erodierenden Ressourcenbasis im gesellschaftlichen Bewusstsein verankert werden. Nur so kann das notwendige Problembewusstsein für anstehende Weichenstellungen entstehen. Gleichzeitig müssen eigene Möglichkeiten der Vorbereitung geprüft und ergriffen werden. Dezentrale Lösungsansätze können zwar von zentraler Stelle gefördert, aber in der Regel nicht entwickelt und implementiert werden."
Damit heben die Autoren die Rolle der Kommunen hervor, die die gesellschaftlichen Knotenpunkte dezentraler Lösungsansätze sind: In den Kommunen muss ein Problembewusstsein entstehen und die Lösungen lokal entwickelt und umgesetzt werden. Dieselbe Strategie empfiehlt die Studie auch für die Bundeswehr selbst und ihre Einsätze, indem die Autoren empfehlen, lokale Versorgungsstrukturen der zentralen Versorgung vorzuziehen: "Redundanzen sowie lokale Lösungen zur Erlangungen einer materiellen Teilautarkie können helfen, Ressourcenbedarf und damit einhergehende Belastungen bei Preissteigerungen oder Ressourcenverknappung zu überwinden. Besonders in meist lang andauernden Stabilisierungseinsätzen in Gebieten mit rudimentärer Infrastruktur ist eine lokale Bedarfsdeckung einer von Deutschland aus gelenkten, umfassenden und zentralen Versorgung vorzuziehen."
Meine Ergänzung:
Gerade die in der Studie als Hoffnungsträger genannten "Kommunen" sind finanziell die schwächsten Kettenglieder, völlig überschuldet, überaltertes und unqualifiziertes Personal, rein verwaltungssystematisch bzw. "erlaßgesteuert" denkende Leute. Die
können nicht über den eigenen Tellerrand blicken. Vereinzelte unverbindliche und i.d.R. völlig folgenlose "Show-Nummern" ("Wir müssen Energie sparen!") bestätigen die Regel.
Das Wort "Kommunen" kann also nicht die hoheitliche Struktur "Kommune" meinen, sondern nur eine rein räumlich gemeinte Flächengröße auf der Landkarte bzw. die in dem Gebiet lebenden Menschen. Diese in der Studie genannten Dinge dürften primär außerhalb der verwaltungssystematischen Struktur "Kommune" laufen müssen. Ratsherren und -frauen sind typischerweise Leute mit völlig eingeschränktem geistigen Horizont, die von "
Peak Oil" noch nie etwas gehört haben. Die haben den Knall noch nicht gehört und glauben immer noch völlig gedankenlos an die Märchen der Kanzlerin und ihrer Minister, dass der nachhaltige Aufschwung doch nur um die Ecke liegt....
The Bundeswehr on peak oil
http://www.aspousa.org/index.php/201...tember-6-2010/
Review September 6, 2010
Last week a
draft study of the impact of
peak oil on the global economy prepared
by an in-house German army think tank leaked to the Internet. The report, which has not yet (if ever) been endorsed by the German government, says that world
oil production may
peak as early as 2010 and
impact Germany’s security situation 15 to 30 years later. However, the report lays out a number of scenarios that are more far-reaching and alarmist than is to be expected from a government study.
The report foresees the
growing political strength of oil exporters, particularly Russia, and politics replacing free markets in
oil exports. Shortages of petroleum
will lead to the failure of many industries and a shift into planned economies from market capitalism. There will be a global chain reaction that will lead to crises of political legitimacy and a rise in extremist and ideological alternatives to existing forms of government.
This study follows closely on one formally released by the US Joint Forces Command concluding that by 2012 the global surplus of
oil production capacity could disappear and that a shortfall in global
oil production could reach 10 million b/d by 2015.
While
the German study predicts systemic collapse in 15 or 30 years, the US report predicts some sort of problems 2-5 years from now without going into the implications of such a shortfall.
It is interesting that the uniformed military, who don’t have to face voters to keep their jobs, and who are sworn to protect their nations from future threats, are willing to talk and publish openly about the threat of
peak oil than elected officials, the major media, financial, and industrial organizations, all of which fear a public backlash from too much talk about
peak oil.